2024-10-2514:14
Sonntag Sachsen
Evangelische Kirchgemeinden laden am Reformationstag (31. Oktober) in ganz Sachsen zu Festgottesdiensten und Konzerten ein. Darüber informiert die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens. Das Reformationsfest, das in diesem Jahr auf einen Donnerstag fällt, ist in Sachsen und weiteren acht Bundesländern ein staatlich geschützter arbeitsfreier Feiertag.
Landesbischof Tobias Bilz nimmt den Reformationstag in diesem Jahr zum Anlass, dazu zu ermutigen, Beziehungen zu Mitmenschen zu erneuern und zu festigen. »Wer auf diese Weise einen Vertrauensvorschuss gibt, lebt im Geiste der Reformation«, so Bilz. »Sola fide, allein aus Glauben, ist ein Grundelement der reformatorischen Lehre. Wer es wagt, sein Vertrauen auf Gott zu setzen, erlebt neue Resonanzen. Ganz ähnlich verhält es sich im Zwischenmenschlichen.« Ein Gruß oder freundliches Wort an jemanden, wo zuletzt Schweigen herrschte, könne neu Beziehung und Verbindung schaffen.
Festgottesdienste, Konzerte und Familienangebote zum Reformationstag
Traditionell predigt der sächsische Landesbischof im Gottesdienst zum Reformationsfest im Dom zu Meißen. Der Gottesdienst beginnt um 10 Uhr. Die liturgische Leitung hat Superintendent Andreas Beuchel inne, die musikalische Ausgestaltung übernehmen Domkantor Thorsten Göbel (Leitung und Orgel) mit dem Domchor. Es erklingt die »Messe modale« für Frauenchor, Flöte und Orgel von Jean Alain. Gleichzeitig findet am Reformationstag auch der Herbstkapiteltag im Hochstift Meißen statt. Die Domherren des Domkapitels kommen zusammen und werden im Festgottesdienst den Ornat bestehend aus weißem Chormantel, Soutane und Barett tragen.
Am Nachmittag wird der Landesbischof Bilz an einem Podium im Haus der Kirche (Dreikönigskirche) in Dresden aus Anlass der Feier zu 75. Jahre Evangelische Akademie in Sachsen teilnehmen. Zum anschließenden Empfang wird er das Grußwort halten. Der Festtag beginnt um 15 Uhr mit einem Gottesdienst in der Dreikönigskirche u.a. mit Vertretern der Landeskirche und Mitarbeitenden der Akademie, bevor um 16 Uhr das Podium »Wie Ökumene die Kirche der Zukunft stärkt« beginnt.
Die die Evangelische Akademie Sachsen wurde am Reformationstag des Jahres 1949 gegründet. Nach 1945 setzten sich die Kirchen mit der eigenen Schuld an den Verbrechen im Nationalsozialismus auseinander. In der Folge entstanden die Evangelische Akademien, die einen Beitrag zu einer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft leisten sollten und sollen. Auch noch nach 75 Jahren fühlt sich die Evangelische Akademie Sachsen ihrem Gründungsauftrag verpflichtet.
In Dresden beginnt der Fest- und Sakramentsgottesdienst zum Reformationsfest in der Kreuzkirche um 9:30 Uhr, gestaltet von Pfarrer Holger Milkau (Predigt) und dem Dresdner Kreuzchor unter der Leitung von Kreuzkantor Martin Lehmann, welche die Kantate von Johann Sebastian Bach »Mache dich, mein Geist, bereit« mit dem Philharmonischen Kammerorchester Dresden aufführen. Im Festgottesdienst in der Dresdner Frauenkirche um 11 Uhr wird Frauenkirchenpfarrer Markus Engelhardt predigen. REFORMATION! heißt es in der Frauenkirche bereits am 26. Oktober um 19:30 Uhr mit der Aufführung der »Reformationssinfonie« von Felix Mendelssohn Bartholdy. Mit diesem prächtigen Werk geht er in die Tiefe der Geschichte, zitiert mittelalterliche Gesänge, einen Luther-Choral und das »Dresdner Amen«. Es musizieren Solisten, der Chor der Frauenkirche und das ensemble frauenkirche dresden unter Leitung von Frauenkirchenkantor Matthias Grünert.
In der Heilandskirche in Dresden-Cotta wird am 31. Oktober um 10 Uhr ein Kirchspiel-Familiengottesdienst zum Reformationsfest gefeiert. Der Musikalische Kirchspiel-Gottesdienst in der Christuskirche Strehlen mit der Kantate »Gott der Herr ist Sonne und Schild« von J. S. Bach beginnt um 10:30 Uhr.
Kirchenmusik: 500 Jahre Evangelisches Gesangbuch
In diesem Jahr wird vielerorts an die Einführung des Evangelischen Gesangbuches im Rahmen des reformatorischen Geschehens vor 500 Jahren erinnert. 1524 erschienen die ersten evangelischen Gesangbücher in Erfurt, Nürnberg und Wittenberg. Seitdem entfaltete das Gesangbuch eine so große Wirkung im Protestantismus, dass ein Gottesdienst nicht mehr ohne ein Gesangbuch denkbar ist. Innerhalb dieser 500 Jahre entstanden zahlreiche neue Lieder, die mit ihren Inhalten und Melodien den Zeitbedürfnissen Rechnung trugen.
Einen spannenden Einblick vermittelt eine virtuelle Ausstellung zu Gesangbüchern aus fünf Jahrhunderten, die am 9. Oktober 2024 in der Bibliothek im Landeskirchenamt (Dresden) eröffnet wurde. Die Ausstellung ist in einem Kooperationsprojekt mit Studierenden der TU Dresden entstanden.
In der Freiberger St. Petrikirche wird am 31. Oktober um 10 Uhr ein Musikalischer Gottesdienst zu »500 Jahre Evangelisches Gesangbuch« gefeiert. Auch in anderen Kirchen finden besondere musikalische Gottesdienste statt. So beginnt in der Stadtkirche von Dippoldiswalde um 10:15 Uhr ein Bläsergottesdienst zur Jahreslosung unter Leitung von Kirchenmusikdirektorin Katharina Reibiger. In Pulsnitz beginnt ein regionaler Bläsergottesdienst um 10 Uhr in der dortigen St. Nicolaikirche. Der Kirchgemeindebund Heidenau lädt um 10:30 Uhr zu einem »Festungsgottesdienst« in die Garnisonskirche der Festung Königstein ein.
In Leipzig und Umgebung finden am Reformationstag ebenfalls zahlreiche Gottesdienste und Andachten statt. In St. Thomas beginnt der Festgottesdienst um 9:30 Uhr mit Superintendent Sebastian Feydt und Thomasorganist Johannes Lang, dem Posaunenchor der Thomaskirche und dem Thomanerchor. Unter Leitung von Thomaskantor Andreas Reize bringen Solisten, Mitglieder des Gewandhausorchesters und der Chor die Bach-Kantate »Wohl dem, der sich auf seinen Gott« zur Aufführung.
In der Nikolaikirche wird mit einem Gottesdienst die Festwoche zur »Orgel in Vollendung« beendet. Nach 20-jähriger grundlegenden Rekonstruktion, dem Neubau und der Erweiterung der großen Ladegast-Eule-Orgel in der Nikolaikirche wurden zuletzt drei neue Klangfarben in das Klangbild der größten sächsischen Orgel integriert. Anschließend gibt es einen „Orgelschmaus“ im Rittersaal am Nikolaikirchhof. Im Abschlusskonzert um 17 Uhr werden der BachChor, Solistinnen und Solisten sowie das Festivalorchester Leipzig in Bruckners »Te Deum« einstimmen und eine große Dankeshymne für das wunderbare Instrument singen.
Zum Reformationstag finden u.a. um 10 Uhr ein Kirchspielgottesdienst mit Abendmahl und den Posaunenchören in der Emmauskirche Leipzig-Sellerhausen, ein Gottesdienst in der Nathanaelkirchgemeinde sowie ein Festgottesdienst mit Lutherspiel in der Martin-Luther-Kirche in Markkleeberg-West statt. In der Friedenskirche im Leipziger Norden wird nach dem Gottesdienst der Familienerlebnistag der Kirchgemeinde fortgesetzt. Um 15 Uhr bietet die Bethanienkirche in Leipzig- Schleußig Turmführungen an.
Weitere Gottesdienste und Andachten folgen in Leipzig am späten Nachmittag und Abend. So beispielsweise in der Friedenskirche Gohlis, in der im Gottesdienst um 18 Uhr die Eröffnung des Jugenddankopfers in Sachsen stattfindet. Das Jahresspendenprojekt soll im Sammlungszeitraum eine soziale Einrichtung in Bangladesch unterstützen. Nach der feierlichen Eröffnung durch Landesjugend-pfarrer Georg Zimmermann in der PAX Jugendkirche gibt es bengalisches Essen und Tee sowie heiße Waffeln gegen Spende für das Jugenddankopfer.
In Dom St. Marien zu Wurzen wird um 10 Uhr zu einem Gottesdienst eingeladen und in Zwickau im Dom um 10:30 Uhr mit Superintendent Harald Pepel. Ebenfalls in Zwickau feiert die Gemeinde im Ortsteil Auerbach 17 Uhr einen Familiengottesdienst mit anschließendem Laternenumzug.
Die Kirchgemeinden der Regionen Schradenland und Großenhain sowie die Bläser der Landeskirchlichen Gemeinschaft Frauenhain veranstalten in diesem Jahr einen Bläsergottesdienst zum Reformationsfest um 14:30 Uhr um den Heidebergturm Gröden herum.
Jubiläen und szenische Spielgruppen am Reformationsfest
Häufig wird der Reformationstag zum Anlass genommen, um Einweihungen und Kirchweihfeste zu begehen. In Chemnitz-Ebersdorf wird mit einem Gottesdienst in Stiftskirche um 15 Uhr die Festwoche zu 700 Jahre Ebersdorf beendet. Anschließend gibt es Reformationsbrötchen-Essen. Die Urkunde, auf die sich das Jubiläum bezieht, stammt vom 31.10.1324. In der Dresdner Südvorstadt feiert ab 15 Uhr die Zionskirche ihr Kirchweih- und Reformationsfest mit Festmusik, Geburtstagskaffeetrinken, einem Festgottesdienst mit Pfarrerband »Die schwarzen Löcher« und zum Abschluss mit Abendimbiss und Lampionumzug zur Ruine der alten Zionskirche.
Traditionell sind an diesem Tag die Gemeinden des Kirchspiels in der Lößnitz zu einem Theaterstück eingeladen. Diesmal gestalten das Pfarrerehepaar Maren und Freimut Lüdeking mit der Laienspielgruppe Reichenberg und dem Flötenkreis das Stück »Emil und die Diakone« vor. In der Moritzburger Kirche um 17 Uhr geht es um die Anfänge der Diakonie von Johann Hinrich Wichern bis Emil Höhne. Der letztere war Schüler von Wichern, der 1872 die Diakonenbildungsanstalt in Obergorbitz bei Dresden gegründet hat, bevor man als Diakonenhaus zum Moritzburger Standort zog.
Die Kirchgemeinde in Großenhain lädt um 18 Uhr zu einer Andacht mit Reformationsspiel und dem Flötenensemble in die Marienkirche ein. In der Reformationsstadt Leisnig wird zuvor ab 15 Uhr in der Stadtkirche eine Familienaktion zum Reformationstag mit einem bunten Programm für Kinder und Erwachsene geboten – natürlich neben Anspiel, Musik auch Kaffee mit Reformationsbrötchen.
Gemeindebibeltag 2024 in Glauchau
In diesem Jahr lädt der Vorbereitungskreis des Sächsischen Gemeindebibeltages engagierte Christen am 31. Oktober wieder in die Sachenlandhalle nach Glauchau zu Bibelarbeiten, Gesprächen und einem Sendungsgottesdienst (15 Uhr) ein. Das Motto lautet »Frucht, die nach dem Vater schmeckt«. In den Pausen erwarten Infostände christlicher Medien, von Vereinen und Initiativen die zahlreichen Besucher. Zudem gibt es verschiedene Imbissangebote und einen großen Büchertisch. Der Gemeindebibeltag ist eine Initiative innerhalb der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens und der Evangelischen Allianz. Das ganztägige evangelische Christentreffen beginnt um 9:30 Uhr und beinhaltet auch ein Kinder- sowie ein extra Jugendprogramm mit Bibelinput, Deep Talk, Worship mit Band PROMISED.
Konzerte
Um 17 Uhr gibt es in der St. Katharinenkirche Annaberg einen musikalischen Gottesdienst mit der Aufführung »Missa Lumen«, in der Stadtkirche Johanngeorgenstadt ein Konzert für Trompete und Orgel, in Leipzig-Gohlis in der Versöhnungskirche das Konzert zum Reformationstag unter dem Titel »Da Pacem – Verleih uns Frieden«, im Wurzener Dom ein Festkonzert mit dem Leipziger Symphonieorchester und im Zwickauer Dom ein Orgelkonzert. Eine Stunde später, um 18 Uhr, erklingen Konzerte in Altenhain St. Johannis, in Burkau St. Marien und um 19:30 Uhr in Marienberg (Marienkirche) mit »Koenige und Priester«.
Kollekte für das Gustav-Adolf-Werk in Sachsen
Die in den Gottesdiensten am Reformationstag gesammelte landeskirchliche Kollekte kommt traditionell dem Gustav-Adolf-Werk in Sachsen (GAWiS) zugute. Das GAW in Sachsen erbittet eine Kollekte für die Erweiterung des EHO-Diakoniezentrums in Murska Sobota (Slowenien), das 1997 gegründet wurde. Aktuell gibt es drei Arbeitsschwerpunkte: eine mobile Diakonie (Essen auf Rädern, Verleih von Pflegebetten etc.), ein Nothilfeprogramm (materielle Hilfen) und die Hilfe für Kinder und Jugendliche (Hausaufgabenhilfe, Schulmaterial etc.). Die Arbeit hat in den letzten Jah-ren deutlich zugenommen.
Das Evangelische Zentrum in Murska Sobota soll durch einen Anbau erweitert werden, um auf die gestiegenen Herausforderungen zu reagieren, so mit neuen Lageräumen und einem Waschraum. Dafür wurde das GAW um Unterstützung gebeten. Als Diaspora-Werk der sächsischen Landeskirche unterstützt das Gustav-Adolf-Werk evangelische Christen weltweit. Es hilft Christen, die in der »Zerstreuung«, in der »Diaspora« existieren, zum Beispiel bei Neubau oder Sanierung von Kirchen, Gemeindehäusern und Altenheimen, aber auch bei sozialen Projekten. https://www.gustav-adolf-werk.de/gaw-sachsen.html
Zum Hintergrund
Am Reformationstag erinnern sich evangelische Christen weltweit an den Beginn der Reformation durch Martin Luther. Als junger Mönch und später als Theologieprofessor benannte Martin Luther die Widersprüche zwischen seiner Glaubenserkenntnis und dem damaligen kirchlichen Leben. Seine Kritik veröffentlichte er 1517 in Wittenberg in Form von 95 Thesen, mit denen er sich gegen den Ablasshandel wandte und eine Reform der Kirche anregen wollte. Die Reformbewegung, die er damit auslöste, ergriff nicht nur das kirchliche Leben, sondern hatte Auswirkungen auf alle Bereiche der Gesellschaft. Heute ist Martin Luther als Reformator und Begründer der evangelischen Kirche weltbekannt. Der Reformationstag erinnert daher auch an eine schmerzliche Spaltung der Kirche.
Luthers Erkenntnisse sind bis heute wichtige Grundlagen der evangelischen Kirchen. Mit der Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache und der Einführung von Deutsch als Gottesdienstsprache ermöglichte er allen Christinnen und Christen, sich die Inhalte des Glaubens selbst anzueignen und sich ein eigenes Urteil zu bilden. Luthers Definition des „Priestertums aller Getauften“ findet ihren Ausdruck darin, dass in evangelischen Gemeinden auch Laien (Nicht-Theologen) nach einer Ausbildung Gottesdienste halten sowie Mitglied von kirchlichen Leitungsgremien sein können.
Frauen im Pfarramt sind in evangelischen Kirchen selbstverständlich. Durch seine Heirat mit Katharina von Bora hat Martin Luther das Ende des Zölibates in den Kirchen der Reformation eingeleitet und damit die Tradition des evangelischen Pfarrhauses begründet. Gesellschaftliche Relevanz hatte die Reformation u.a. für Bildung und Sozialpolitik. So geht die Leisniger Kastenordnung von 1523 auf ein Gutachten Martin Luthers für die Stadt Leisnig zurück und gilt als wichtige Bedingung für die Entstehung evangelischer Kirchgemeinden und als Modell lutherischer Soziallehre.